Ein Blog von Christine Felsinger
mit Fotos von Felix Knaack

Bei Cushing-Pferden: Keine Wurmkur ohne Kotprobe

Selektiv entwurmen: Warum Cushing-Pferde häufiger mit Parasiten kämpfen

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Um zu ermitteln, ob eine Wurmkur nötig ist, nimmt man Kotproben von möglichst frischen Pferdeapfel-Haufen. Foto: www.entwurmungpferd.de Um zu ermitteln, ob eine Wurmkur nötig ist, nimmt man Kotproben von möglichst frischen Pferdeapfel-Haufen. Foto: www.entwurmungpferd.de

Cushing-Pferde müssen besonders sorgfältig auf Würmer gecheckt werden, denn ihr Immunsystem ist geschwächt. Und: Finger weg von „blinden“ Wurmkuren ohne gezielte Kotproben vorab – denn der Organismus dieser Pferde muss sich ja schon mit dem Cushing-Medikament Pergolid auseinandersetzen. Das rät Tierärztin Dr. Anne Becher, Spezialistin für selektive Entwurmung – eine moderne Methode, die Wurmkuren nur bei nachgewiesenem Befall der Pferde verschreibt.

Zu meinem Blog-Beitrag über das Equine Cushing Syndrom, eine Stoffwechselstörungen mit Folgen für die Fütterung beim Pferd, schrieb Anne Becher eine sehr interessante Ergänzung in die Kommentare: “Da bei Cushing das Immunsystem geschwächt ist, scheiden manche Pferde mit dieser Krankheit mehr Wurmeier aus als gesunde Tiere. Deshalb sollten regelmässig Kotproben untersucht werden und nur wenn nötig entwurmt werden.” Die Details erläutert sie hier noch einmal im Interview:

FREUNDPFERD: Warum ist das Immunsystem bei Pferden mit Cushing-Syndrom geschwächt?

Dr. Anne Becher: Durch diese Krankheit sind die Mengen einiger Stoffwechselprodukte im Blut der Pferde erhöht wie z.B. ACTH und Cortisol. Dadurch wird das Immunsystem geschwächt, und es treten häufiger Sekundärinfektionen auf als bei gesunden Pferden. Wie dieser Mechanismus genau funktioniert, ist bisher wissenschaftlich noch nicht geklärt.

FREUNDPFERD: Und wieso scheiden immunschwache Pferde mehr Wurmeier aus?

Dr. Anne Becher: Das Immunsystem des Pferdes hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie viele Würmer sich im Pferd zu erwachsenen eierlegenden Parasiten entwickeln können. Deshalb scheiden ja auch junge Pferde, bei denen sich das Immunsystem noch entwickeln muss, noch wesentlich mehr Wurmeier aus als erwachsene Tiere. Zusätzlichen beobachten Tierärzte immer wieder einzelne erwachsene Pferde, die während einer Krankheit (z.B. einem Beinbruch mit Boxenruhe) mehr Wurmeier ausscheiden als davor. Auch in diesen Fällen scheint das Immunsystem geschwächt zu sein, wenn sich der Infektionsdruck nicht geändert hat. Wie genau die Immunitätsentwicklung gegen Würmer funktioniert und welche Faktoren sie wieder schwächen, ist wissenschaftlich leider ebenfalls noch nicht geklärt.

FREUNDPFERD: Nun sind Cushing-Pferde ja meist ältere Semester. Sind ältere Pferde denn generell immunschwächer, also auch anfälliger für Wurmbefall?

Dr. Anne Becher: In einigen Studien wird nachgewiesen, dass ältere geriatrische Pferde mehr Strongyliden-Eier ausscheiden als mittelalte Tiere. Allerdings ist in keiner dieser Studien erfasst worden, ob die Pferde Cushing-Symptome zeigen oder nicht. Eine Studie, die Cushing-Pferde direkt mit gesunden Koppelpartnern vergleicht, fand eine erhöhte Strongyliden-Ei-Ausscheidung bei den an Cushing erkrankten Tieren.

FREUNDPFERD: Wie oft sollte man bei Cushing-Pferden Kotproben nehmen, und was muss man dabei beachten?

Dr. Anne Becher: Bei Cushing-Pferden, von denen noch nie Kotproben untersucht worden sind, empfehle ich, anfangs alle 8 Wochen zu untersuchen. Nachdem die ersten Ergebnisse bekannt sind, kann der behandelnde Tierarzt diesen Abstand dann verändern. Wenn behandelt werden muss, sollte die nächste Kotprobe in Abständen untersucht werden, die sich nach der Wirksamkeitsdauer der Wurmkur richten. Der Tierarzt kennt diese Zeiträume. Auch am Beginn der Behandlung mit Pergolid, dem Medikament, welches bei Cushing-Pferden eingesetzt wird, oder bei zusätzlichen Erkrankungen sind Abstände von 8 Wochen zwischen den Kotuntersuchungen meiner Meinung nach sinnvoll.

FREUNDPFERD: Welche Anthelmintika sollte man einsetzen und in welcher Dosierung? Gibt es hier bei Cushing-Pferden Unterschiede?

Dr. Anne Becher: Die eingesetzten Wirkstoffe sollten auf jeden Fall im Bestand wirksam sein. Im besten Fall gibt es schon Ergebnisse von einem sogenannten Eizahlreduktionstest. Wenn dem nicht so ist, sollte eine zusätzliche Kotuntersuchung 14 Tage nach der Entwurmung durchgeführt und die Wirksamkeit der Wurmkur überprüfen werden. Mit dieser Untersuchung hilft das entwurmte Cushing-Pferd nebenbei allen anderen Pferden im Bestand: Werden resistente Würmer gefunden, so können diese auch für den Rest des Bestands ein Risiko darstellen. Ist der Wirkstoff Pyrantel im Bestand wirksam, so ist dieser aus meiner Sicht das Mittel der Wahl. Er wird kaum vom Pferd aufgenommen und belastet den Organismus damit nur wenig. Die Dosierung aller Anthelmintika unterscheidet sich nicht von gesunden Pferden.

Dr. Anne Becher ist Tierärztin und forscht seit ihrer Doktorarbeit mit Begeisterung zum Thema Entwurmung beim Pferd. Im Jahr 2016 hat sie das Projekt www.EntwurmungPferd.de gestartet. Foto: privat

Dr. Anne Becher ist Tierärztin und forscht seit ihrer Doktorarbeit mit Begeisterung zum Thema Entwurmung beim Pferd. Im Jahr 2016 hat sie das Projekt www.EntwurmungPferd.de gestartet. Foto: privat

Meine Interview-Partnerin Dr. Anne Becher ist Tierärztin und forscht seit ihrer Doktorarbeit mit Begeisterung zum Thema Entwurmung beim Pferd. Im Jahr 2016 hat sie das Projekt www.EntwurmungPferd.de gestartet, mit dem Sie Wissen über Kotprobe und Wurmkur an Pferdebesitzer vermitteln will. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Geschäftsführerin der Dr. Becher-Griesbauer GmbH.

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