Unser Rezept gegen Matsch, Glätte und Stolpern
Ein neuer St(alltag) in der Pferdevilla: Die FREUNDPFERD-Kolumne zur gesunden Fütterung und Haltung

Im Paddock jagen sich gerade Matsch, Schnee und Schmuddel – aber bei Sonja und Andy Schmid in der Pferdevilla stehen die Pferde schön auf dem Trockenen. Wie geht das? Praxis-Tipps für pferdefreundliche Böden in unserer neuen St(all)tag-Folge aus dem LAG-5-Sterne-Laufstall in Gechingen bei Stuttgart!
Fangen wir doch mal dort an, wo es kuschelig weich und warm am Boden sein soll. Auf den Liegeflächen im Laufstall streuen Schmids täglich frisches Stroh ein: Das gibt eine weiche Matratze und einen warmen Untergrund. Die Pferde liegen sehr gerne darauf, weil es ein weicher, bequemer, natürlicher Untergrund ist im Gegenteil zu Gummimatten. Außerdem können die Pferde am Stroh knabbern und sind beschäftigt.
Natürlich braucht dieses Strohbett sorgfältige Pflege: täglich oberflächlich abäpfeln und frisch einstreuen. Und die Ein- und Ausgänge, die Pferde gerne als Toilette nutzen, täglich ausmisten. Alle sechs Wochen wird die Strohmatratze komplett ausgemistet, bei Bedarf (zum Beispiel nach Wurmkurgabe) auch zwischendurch. Nach komplettem Ausmisten wird die Liegefläche mit Kalk behandelt zur Desinfektion und Ungezieferbehandlung.
“Im Paddock haben wir einen Barfußpark mit vier verschiedenen Belägen: verschiedene Steinarten, Kunststoffbelag, rauer Beton. Das hat den Vorteil, dass es keine tiefen Löcher und keinen Matsch gibt, was Sehnen- und Gelenkschäden vorbeugt.”
Unsere Beton-Rasengittersteine im Paddock sind 30 x 30 Zentimeter groß und 8 Zentimeter stark, mit Lochgröße 3 bis 4 Zentimeter, damit der Huf nicht im Loch hängenbleibt und trotzdem das Wasser gut wegsickert. Der Unterbau ist Schotter und Splitt. Wir haben das auch schon ohne Unterbau probiert, aber da sinken die Steine nach einiger Zeit im Matsch ein. Dann wird der Boden uneben und nicht mehr befahrbar, für die Pferde entstehen Stolperfallen.
“Sand wollen wir auf unseren Paddocks nicht, weil er im Winter mit Pferdeäpfeln, Schnee und Eis den reinsten Matsch gibt.”
Das verursacht Mauke und andere Hautprobleme vor allem bei Pferden mit viel Kötenbehang. Außerdem gefriert dieser Matsch, es entstehen Löcher, die den Boden zur gefährlichen Holperstrecke machen. Auch wenn es trocken ist, hat Sand Nachteile: Sand sorgt im Zusammenhang mit der befestigter Lauffläche für hohen Abrieb am Huf (Schmirgelpapier-Effekt). So müssten wird die Pferde beschlagen, was wir nicht möchten.
Der Paddock bzw. der Laufhof wird täglich maschinell gereinigt. Damit die Pferde nicht zuviel Heu und Stroh im Paddock verteilen, ist die Strohraufe mit einem Netz überspannt, ebenso die Heuraufe im Ad-libitum-Bereich. Wenn es glatt wird, streuen wir Sägemehl oder auch Salz.
“Manchmal ist es besser, den Schnee liegen zu lassen, denn das Fegen kann den Boden noch glatter machen. Sobald er taut, wird der Belag mit Traktor und Schieber weggeschoben.”
Auf der Weide profitieren wir von unserem guten Naturboden: Hier im Heckengäu liegt unter der Grasnarbe der Muschelkalk. Das bedeutet: wenig Humus oben drauf und bei Regenwetter weniger Matsch. Unsere Weiden sind trotzdem unterschiedlich. Wir haben flache, plane Koppeln, aber auch sehr naturbelassene Weiden mit Steinriegel, Hecken, Bäumen. Viele Pferde, die wir auf barhuf umstellen, tun sich anfänglich etwas schwerer, über dieses naturbelassene Terrain zu laufen, aber am Ende lohnt sich das Ergebnis: Wir sehen sehr gutes Hufwachstum und sehr gute Hufqualität. Die Böden sind nicht so rutschig durch den steinigen Untergrund und damit auch bei schlechtem Wetter gut begehbar.
Im Frühjahr behandeln wir die Koppeln mit Kalkstickstoff zur Parasiten- und Unkrautbekämpfung. Dann kommt die Nachsaat mit ausgesuchten Pferdegräsern als Schlitzsaat für artenreichen, schmackhaften Aufwuchs. Die über die nasse Jahreszeit entstandenen Schäden an der Grasnarbe werden dadurch beseitigt. Wichtig ist, dass man die Koppeln immer rechtzeitig wechselt, um Trittschäden zu reduzieren.
In den Heu-Fressständern hatten wir anfänglich Betonboden. Später haben wir hier Gummimatten ausgelegt, weil einige Pferde gerne auf die Karpalgelenke gehen, um das letzte Heuhälmchen zu fischen. Das gab offene Stellen an den Beinen. In den Heu-Dosier-Automaten reicht der Betonboden völlig aus: Hier gehen die Pferde aus den Automaten, wenn der Schieber sich schließt. Wichtig ist tägliches Auskehren der Heu-Fressständer und -Automaten, damit der Boden nicht rutschig und unhygienisch wird.
In der Reithalle haben wir einen Aufbau aus verschiedenen Gesteinskörnungen von grob bis fein, darauf 5 Zentimeter starke Ecoraster-Kunststoffgitter als Trennschicht und zur Dämpfung, darauf etwas 10 Zentimeter qualitativ hochwertigen Reitsand. Es handelt sich um ein Terratex Sand-Vlies-Gemisch. Der Vorteil: Vlies hält bei Beregnung das Wasser länger im Reitboden fest und macht ihn damit trittfest.
“Die Tiefe des Reithallenbodens hängt davon ab, ob man Dressur reitet, springt oder Handarbeit macht.”
Da in den meisten Ställen mehrere Disziplinen trainiert werden, ist es für jeden Stallbetreiber eine Herausforderung, den richtigen Reitboden anzubieten. Er sollte nicht zu hart, aber auch nicht zu tief sein. Und vor allem muss er gepflegt werden, sonst nützt der beste Reithallenboden nichts.
Wir lockern den Reithallenboden zwei bis drei Mal wöchentlich mit dem Schlepper auf und ziehen ihn glatt. Wir messen die Höhe des Sands an verschiedenen Stellen und gleichen Unterschiede aus. Der Hufschlag wird drei Mal mal wöchentlich maschinell reingeholt oder im Winter auch gerne mal von Hand, damit es uns warm wird… Bevor im Winter der Frost einsetzt, behandeln wir den Boden mit Magnesium und entleeren die Beregnungsanlage.
Einmal pro Jahr füllen wir Sand und Vlies auf, da durch das tägliche Abäpfeln des Hallenbodens viel Material mit abgetragen wird. Bei Bedarf muss man den Boden mit dem Nivelliergerät ausmessen und neu planieren, alle paar Jahre muss der Boden ausgewechselt werden. Das hängt davon ab, wie viele Pferde darauf laufen und wie sorgfältig er abgeäpfelt und gepflegt wird.
Bei uns in der Halle darf auch longiert werden. Dort, wo der Longierende steht, wird der Boden stärker verdichtet. Auch der Sand wird durch das Longieren uneben. Aber das ebnen wir mit speziellem Gerät (Wiesenschleppe und Reitplatzplaner) wieder ein. Durch den Unterbau mit den Ecorastern besteht keine Gefahr, dass sich Tretschicht und Unterbau mischen!
“Unser Fazit für Böden, auf denen Pferde sich stundenlang gesund bewegen können:”
Im Stall müssen Pferde einen trockenen Untergrund zum Liegen haben, idealerweise Stroh als Einstreu: Eine Studie besagt, dass Pferde Stroh lieber mögen als Späne und Gummimatten. Interessanterweise hatten wir noch nie einen echten Stroh-Allergiker: Ein Pferd, das als angeblicher Allergiker hustend zu uns kam, stand vorher in einem Stall, wo im Winter alle Fenster und die Paddocks geschlossen waren. Es war die schlechte Luft im Stall, die das Pferd zum Huster machte.
Ammoniak-Bildung lässt sich ja im Stall nie komplett vermeiden, aber der Luftaustausch ist fürs gute Stallklima sehr wichtig: ohne offensichtlichen Ammoniak-Geruch und Zugluft. Der Auslauf sollte aus verschiedenen Materialien gestaltet sein, zum Teil naturbelassen (etwas die Koppeln), zum Teil mit festem Untergrund. Auf keinen Fall nur Sand in Liegefläche und Auslauf; das wird zu tief und verursacht Sehnenschäden.
Die Pflege der Böden lohnt sich: Wir haben einige Pferde symptomfrei bekommen, die mit Mauke zu uns kamen, weil sie täglich in schlammigen Ausläufen standen. Oder Pferde, die mit Huffäule aus schlecht gemisteten Boxen voller Ammoniak kamen. Pferde mit Sehnenschäden und Gelenkschäden durch zu viel Belastung in zu tiefem Reithallensand in der Reithalle oder im Paddock. Sehnen- und Gelenkprobleme heilen bei uns sehr gut durch den ebenen, unnachgiebigen Untergrund im Laufhof.
Was wir noch von der Pferdevilla lernen können:
Fressen, Schubbern, Wälzen: Tipps für den Fellwechsel-Alltag
Interview mit Sonja Schmid: „In jedem Stall schaue ich in die Augen der Pferde“
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